Eisklettern: Nicht ganz normal oder kalte Krabbel-Kunst?

Eis, Eis, Baby beim Eisklettern im Pitztal © TVB Pitztal

Wer Eisklettern hört, denkt unweigerlich an Extremsport. Aber weit gefehlt. Expert*innen verweisen darauf, dass es sich beim Klettern lediglich um die „Verfeinerung des Krabbelns als natürlichster Fortbewegungsart“ handelt. „Das ist auch an gefrorenen Wasserfällen und Eiswänden nicht anders“, erklärt Alfi Dworak (49). Dabei erinnert der staatlich geprüfte Bergwanderführer und Vertikal-Virtuose selbst eher an Baummarder oder Eichhörnchen als agiles Baby. Den Unterschied muss wohl die stark verfeinerte Technik machen. Sein Revier ist das Pitztal. Hier stehen ohnehin mehr als 60 gefrorene Wasserfälle und gigantische Eiswände zur Auswahl. In der „Eiswelt Taschachtalschlucht“ hilft Alfi Dworak noch ein wenig nach und schafft alle Jahre wieder durch handgemachte Vereisung einen variantenreichen Sportklettergarten, in dem sich auch Anfänger*innen sicher fühlen.

Auf Krabbelkurs mit Alfi

„Hier können sich Einsteiger*innen erst einmal auf die Bewegungsmuster konzentrieren – die Rahmenbedingungen sind unter Kontrolle“, hebt Alfi Dworak hervor. Hält das Eis, ist es schon zu porös oder die Struktur einfach zu dünn, und wie sieht es eigentlich mit der Lawinensituation aus? All diese Fragen sollten Gäste sicher einschätzen können, bevor sie auf eigene Faust irgendwo in der Natur ihre Herausforderungen suchen. Also besser: Schritt für Schritt.

Ein Tag mit Alfi Dworak von der Bergführervereinigung Pitztal beginnt mit ein paar lockeren „Krabbel“-Sprüchen, durch die er das Eisklettern auf den Boden holt, weil schließlich fast alles machbar ist. „Wobei man schon durchschnittlich fit sein und überhaupt Lust an Bewegung haben sollte“, schränkt er den Kreis seiner Wunsch-Teilnehmer*innen ein. Kurze Materialkunde: Steigeisen, Gurt und Eisgeräte wie Pickel werden erklärt. Vorab schon die Hinweise zum Dresscode – Zwiebellook und auf jeden Fall Wechselhandschuhe sind ganz wichtig. Dann geht es los.

Einfache Kraxeleien mit Seilsicherung. Ein bisschen die Muskeln spüren. Und überwältigt sein von den unglaublichen Blautönen, die der Lichteinfall ins Eis zaubert. „Es gibt nichts Schöneres, als diese bizarre Welt, die sich permanent verändert, die mit ihren Formen und Farben schon fast übernatürlich wirkt“, sagt Alfi Dworak. Alle Sinne sind geschärft. Ein Knacksen, ein Krachen. Der Profi weiß, ob es gefährlich wird oder ob die eisige Natur aufgrund von Sonneneinstrahlung nur mal eben ein behagliches Bäuerchen von sich gibt.

Unser Eiskletterprofi Alfi führt über die vereisten Routen. © Alfi Dworak

Pitztals Eiskletterparadies

Lust auf mehr? Dann am nächsten Tag vielleicht zum Luibisbodenfall, über den sich das Wasser im Sommer 300 Meter in die Tiefe stürzt. Und den frische Eiskletternde schätzen, weil es viele Plateaus gibt, auf denen man sich vor der nächsten Herausforderung ausruhen kann. Und am Ende des Tages dennoch ordentliche Mehrseillängen geschafft hat.

Von Oktober bis Mitte März ist das Pitztal, das sich bis zur Siedlung Mittelberg (1740 m) erstreckt, der ideale Ort zum Eisklettern. Aber nicht nur die Höhe, auch die geographischen Gegebenheiten, die den Föhn-Einfluss minimieren, sind Grund dafür, dass Eiskletterer und Eiskletterinnen das Pitztal schon lange für sich entdeckt haben.

Spätestens im Frühjahr, wenn das Eis in Talnähe dann doch zu dünn wird, rücken die steilen Felswände auf dem Pitztaler Gletscher in den Fokus. Hier in einer Höhe von bis zu 3440 Metern können Cracks sogar im Sommer ihr (eis-)blaues Wunder erleben.

Seine Begeisterung für die „natürlichste Fortbewegungsart“ hat Alfi Dworak selbstverständlich längst an Sohn Gundolf Louis weitergegeben. Der ist jetzt 20 Jahre alt und (sport-)klettert erfolgreich im österreichischen Nationalkader.

Hoch hinaus in Richtung Sonnenschein © TVB Pitztal

EIS TOTAL 2022

Vom 21. bis 23. Jänner findet das 21. Eis Total Festival nach letztjähriger Pause endlich wieder statt. Bereits frühzeitig ausgebucht beweist das Festival, dass Eisklettern absolut im Trend liegt und sich viele an diesem Sport erfreuen.

Mit dem Teilnehmerbeitrag von € 65 p. P haben Interessierte die Möglichkeit, die neuesten Eiskletterprodukte der besten Ausrüsterfirmen zu testen und gemeinsam mit staatlich geprüften Bergführer*innen erste Schritte im steilen Eis zu wagen. Bei Workshops werden Techniken verfeinert und zum Abschluss kurbelt man den Spaßfaktor noch einmal beim Iglubau voll an.

Alle Informationen gibt’s auf www.eis-total.at und bei Walter Zörer (mcalpin) unter Tel. +43 676 599 66 60 und info@mc2alpin.at

Beim Eis Total 2019 schnupperten viele Anfänger*innen in den spannenden Sport. © Alois Pumhösel

Eiskletter-Kurse

Mittwoch ist Eiskletter-Tag im Pitztal. Auf das jeweilige Leistungsniveau abgestimmt, wählen die Profis der Bergführervereinigung Pitztal den passenden Wasserfall, vermitteln Theorie, führen in Sicherungs- und Bewegungstechniken ein. Der Tag kostet 100 Euro pro Person bei fünf Teilnehmenden (www.bergfuehrervereinigung-pitztal.com). Weitere Abenteuer mit magischen Eis-Momenten können jederzeit auf Anfrage gebucht werden, auch direkt bei Alfi Dworak (www.alpine-adventure.at), der auf seiner Seite zudem aktuell über die jeweiligen Eisverhältnisse informiert.

Nach einem Eiskletter-Tag im Pitztal lässt sich die kalte Krabbel-Kunst festigen. © Alfi Dworak

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