Aug‘ in Aug‘ mit dem ewigen Eis – Ein Interview mit Eiskletter-Profi Alfred Dworak
Alfred Dworak, unser Eiskletter-Profi, kommt ursprünglich aus den Lienzer Dolomiten und ist mit dem Felsklettern groß geworden. Während seiner Bergführer-Ausbildung im Pitztal lernte er seine Frau Dagmar kennen und ist – zu unserem Glück – im Pitztal geblieben. Mit viel Leidenschaft und Professionalität führt der Eiskletterspezialist seitdem Anfänger und Profis durch das Eiskletter Szene-Mekka Pitztal.
Alfie, Wie lange bist du schon im Pitztal Bergführer?
Seit 22 Jahren bin ich nun schon hauptberuflich Bergführer und genau so lange lebe ich jetzt im Pitztal. Seit 2007 bin ich nicht mehr in der Skischule tätig sondern Sommer, wie Winter mit Gästen in den Pitztaler Bergen bzw. im ganzen Alpenraum unterwegs.
Wie bist du zum Eisklettern gekommen? Auf welchen Berg führte dich deine erste Eiskletter-Tour?
Über das normale Felsklettern bin ich schon sehr früh zum Eisklettern gekommen. Meine erste Eisklettertour fand mit 17 Jahren am Priel Wasserfall in Osttirol statt. Aber erst im Pitztal, wo die Infrastruktur für Eiskletterer optimal ist, habe ich das Eisklettern dann voll ausgeübt und lieben gelernt. Nach und nach sind wir privat und mit Gästen immer wieder ne
ue Routen gegangen und ich habe laufend Erfahrungen zum Thema Material und Eisverhältnisse gesammelt.
1998-2002 warst du Teilnehmer beim internationalen Eiskletterweltcup, der auch im Pitztal stattgefunden hat – wie ist es dir dort ergangen?
Meine besten Leistungen waren einmal der 4. Platz im Pitztal und der 5. Platz in Russland sowie der 1. Platz Italienische Meisterschaft. Das war eine sehr intensive Eiskletter-Zeit.
Für die Laien unter uns: wie unterscheidet sich das Eisklettern vom normalen Klettern? Was muss man auf jeden Fall beachten / wissen?
Das Eisklettern ist objektiv gesehen sicher gefährlicher, als das Felsklettern. Man muss sich über das Wetter, den Temperaturverlauf, die Eisstruktur und die Lawinensituation genauestens informieren. Gerade wenn es frisch geschneit hat und die Sonne drauf scheint, kann es oft zu Lawinen kommen. Die Eisbeschaffenheit ist abhängig vom Temperaturverlauf und der Schneelage in den letzten / kommenden Tagen.
Ein wichtiger Aspekt ist auch die eigene Körpertemperatur. Man muss seinen eigenen Temperaturhaushalt laufend managen. Wenn es zu kalt wird, ist es wichtig sich immer wieder aufzuwärmen.
Beim Eisklettern braucht man auch viel mehr Platz. Beim Felsklettern können oft mehrere Kletterer auf einer Route unterwegs sein. Beim Eisklettern muss viel mehr Abstand zu anderen eingehalten werden, da sich immer wieder Eis lösen und runterfallen kann. Wenn eine Gruppe von unten zu dicht rankommt, ist natürlich die Gefahr da, dass man den einen oder anderen Eisbrocken abbekommt. Das sind Spielregeln, auf die manche zu wenig Rücksicht nehmen, was Schade ist.
Was fasziniert dich am Eisklettern so sehr?
Eisklettern ist für mich eine ganz besondere Form von Klettern und das Spiel mit den unterschiedlichen Eisstrukturen ist eine tolle Herausforderung. Ganz besonders fasziniert mich – im Gegensatz zum Felsklettern – das Licht beim Eisklettern. Es gibt so viele sensationelle Farben, ganz viele unterschiedliche Strukturen und Blautöne, die man in der Eiswelt erlebt. In der Hinsicht gibt Eis so viel mehr her, als man eigentlich glaubt.
Mit wem bist du am Liebsten im Eis unterwegs?
Mit meinem Sohn Louis (18) , der auch schon wettbewerbsmäßig klettert. Ich freue mich immer, wenn wir gemeinsam unterwegs sind. Ansonsten mit meinen Kumpels. Das ist für mich etwas relaxter, da diese auch meistens Bergführer sind und somit trage ich nicht die alleinige Verantwortung.
Aber auch das Klettern mit meinen Stammgästen, wo auch sehr gute Kletterer darunter sind, und allen anderen Gästen macht mir immer großen Spaß. Was soll ich sagen: Die Gäste wollen es in ihrem Urlaub fein haben, ich will es fein haben… das klappt ganz gut 😉
Was ratest du deinen Eiskletter-Anfängern?
Wichtig ist es, die Technik richtig zu erlernen. Von dem richtigen Gebrauch der Ausrüstung bis hin zur richtigen Haltung an der Eiswand. Das braucht schon ein paar Tage, bis man den Dreh raus hat und man sollte sich von erfahrenen Bergführern Tricks und Kniffe zeigen lassen. Grundsätzlich rate ich jedem Anfänger, so viel alpine Erfahrung unter Anleitung zu sammeln, wie möglich.
Und man sollte nicht zu früh alleine Eisklettern, schon deswegen, weil es Erfahrung braucht, die alpine Lage (Wetter, Lawinensituation, Eisbeschaffenheit etc.) richtig einzuschätzen.
Welche drei Eigenschaften braucht es deiner Meinung nach, um ein guter Eiskletterer zu werden?
Eine sportliche Statur, ein hohes Maß an Risikobewusstsein & Vernunft und natürlich ein bisschen Mut, sich auf den Sport einzulassen.
Was macht das Pitztal in deinen Augen zu einer optimalen Eiskletterdestination?
Im Pitztal hat man eine riesige Auswahl an Eisklettermöglichkeiten, egal ob Anfänger oder Profi – die Taschachschlucht, der Kitzgartenschlucht oder generell die zahlreichen Wasserfälle – hier findet man immer Möglichkeiten zum Aufstieg. Das Pitztal ist hochalpin gelegen, sehr steil und schmal. Da fällt nur wenig Licht ins Tal und große Teile der Wasserfälle liegen im Schatten. Dadurch bleiben ganz viele auch bei warmen Temperaturen stehen. Unser Joker ist der Gletscher: Selbst wenn es im Tal keine Routen mehr gibt, mit der Gletscherbahn kommt man schnell in große Höhen, wo es garantiert Wasserfälle und Eiswände gibt.
Kann man im Pitztal denn ganzjährig Eisklettern?
Können schon, ja. Gerade im Zuge der alpinen Kurse werden auch im Sommer Gletscherspalten-Bergungen durchgeführt und die ersten Erfahrungen mit dem Eisklettern gemacht. Für die Gäste stehen aber im Sommer nach wie vor das klassische Wandern und Bergtouren im Vordergrund.
Wo informierst du dich zum Thema Eiskletterrouten / Wetter etc. Was sind gute Websites, die das Thema Eisklettern aufbereiten?
Wetter und Temperaturenverlauf lese ich klassisch im Wetterbericht nach. Zu den Eiskletterverhältnissen im Pitztal gibt es auf meiner Website die Ice News, die ich selbst händisch warte und wo ich Änderungen an der Pitztaler Eissituation aktuell reinschreibe. Manchmal auch mit Foto, da kann man dann noch besser die Situation erkennen und einschätzen.
Eine Routenbeschreibung im Pitztal brauche ich nicht, da ich mich hier perfekt auskenne. Wenn ich allerding in eine andere Eiskletter-Destination fahre, leiste ich mir immer einen Eiskletterführer. 30 € plus/minus ist nicht teuer, wenn ich dafür alle Infos zu den möglichen Routen bekomme. Dort steht genau drin, wo die Zustiege sind, welche Seillängen man braucht usw. Das spart Zeit und ich kann vor Ort die Tage für das Klettern voll auskosten. Wichtig ist natürlich auch der Austausch mit den einheimischen Eiskletterern. Die kennen sich einfach am besten aus.
Mittlerweile gibt es auch Internetportale, die gute Routenbeschreibungen zum Eisklettern haben. Climber’s Paradies zum Beispiel. Da kann man dich die Topos, Streckenbeschreibungen und Infos ebenfalls sehr gut anschauen und wird zu neuen Routen inspiriert.
Hat dich das Eisklettern schon mal in eine brenzlige Situation gebracht? Was hast du da daraus gelernt?
Bei Touren mit Kollegen, versucht man manchmal seine Grenzen auszuloten, dann kann man schon mal in eine brenzlige Situation geraten. Eine Lawine, und ein, zwei Eisschläge habe ich schon erlebt, die sehr knapp waren.
Was war die lustigste Situation für dich in Bezug auf das Eisklettern?
Bei mir ist nichts lustig – wir haben keinen Spaß 😉
Lass mich überlegen, einmal war ich mit meinem Kumpel unterwegs zu einer Eiskletterroute. Vor uns war ein Tümpel, den ich natürlich geschickt umgangen bin. Mein Kumpel ist da eher von der fauleren Sorte, direkt darüber gegangen und ist prompt bis zum Hals eingebrochen.
Du bist im Pitztal großer Treiber des Thema Eiskletterns – an dir kommt man bei dem Thema nicht vorbei. Welche Pläne beschäftigen dich zukünftig im Pitztal?
Ich habe schon seit Jahren die Idee im Kopf, einen Eisklettergarten im Pitztal aufzubauen. Mit einer künstlich vereisten Felswand in Parkplatznähe wäre unser Eiskletterareal noch größer und vielfältiger und es würde sich gerade für Anfänger und Kurse wunderbar anbieten. Zudem wäre es eine Ausweichmöglichkeit, wenn wetterbedingt die Wasserfälle nicht zugänglich sind oder anders herum, sehr viel los ist.
Herzlichen Dank, lieber Alfi für das Interview und dein Engagement in der Pitztaler Eiskletter-Welt. Wir freuen uns schon bald wieder von dir und deinen Projekte zu hören.
>> Infos zum Eisklettern im Pitztal