Faktencheck: Wer kam auf die Idee mit den zwei Brettern?

Wer kennt es nicht: Es ist schon wieder einmal viel zu spät. Den Satz „Eine Folge/zehn Minuten noch, dann gehe ich ins Bett“ hat man sich schon zu oft vorgelogen. Dann entschließt man sich endlich dazu, den Wecker zu stellen (holymoly, noch vier Stunden bis zum Aufstehen), das Licht abzudrehen und sich dick eingekuschelt auf die linke oder rechte Seite zu drehen. Schnell befindet man sich an der Grenze zwischen Wach sein und Träumen – fachsprachlich Hypnagogie. Noch einmal ein- und ausatmen und dann … KABUUUM!!!!! Das Fragenkarussell springt an und mein Gehirn stellt sich die verwirrendsten und komischsten Fragen.

Hey Gehirn – halt den Schnabel! © imgflip.com

Die Geschichte der zwei Holzbretter

Nun, da wir schon einmal hier sind, setze ich meine kluge Brille auf und stell mich an die Tafel. *räusper*

Auf wen die Erfindung des ersten Paar Skis zurückgeht, ist umstritten. Sowohl die Länder Norwegen, Schweiz und Österreich als auch Russland und China wollen sich das größte Stück vom Skikuchen sichern. Betrachtet man Höhlenmalereien in den jeweiligen Ländern, können die Ursprünge des heutigen Sportes vor über 10.000 Jahren gefunden werden. Und zwar im Altai-Gebirge mitten in Asien. Shan Zhaojian, Chinas erster nationaler Ski Champion, Beirat des IOC 2022 (International Olympic Commitee) und historischer Ski-Forscher veröffentliche in verschiedenen Werken seine Erkenntnisse über die Herkunft des Skifahrens. In mehreren archäologischen Expeditionen im Altai-Gebirge in Zentralasien wurden verschiedene Piktogramme gefunden, die steinzeitliche Jäger zeigen, wie sie mit Brettern an den Füßen und Stöcken in den Händen im Schnee jagen. Das beweist auch, dass sich an der Grundausrüstung über die Jahrtausende hinweg nicht viel geändert hat.[1]
Etymolog*innen gehen davon aus, dass die Lappen in Finnland das Skifahren von Finno-Uiguren lernten, die das Prinzip von Asien nach Europa brachten. Der älteste Fund, der tatsächlich der Kategorie Ski zugeteilt werden kann, stammt aus Kalvträsk in Schweden und wird um die Zeit 3.200 v. Chr. datiert. Jahrzehntelange Forschungsprojekte konnten Hunderte Skier aus den Mooren und Sümpfen Skandinaviens bergen.

An den Beinen der Figuren lässt sich Ski-Ähnliches erkennen. © Silk Road Sports Catalog

Wortherkunft und Fremdverwendung

Ob nun die Wiege des Skifahrens in Asien oder Skandinavien liegt, bleibt demnach offen für Interpretationen, dass das Skifahren, so wie wir es heute kennen, eindeutig norwegisch ist, ist historisch belegt. Bereits der Begriff „Ski“ stammt aus dem norwegischen und lässt sich grob mit „Scheit“ und „gespaltenes Holz“ übersetzen[2]. Der Name „Skandinavien“ lehnt sich an die Göttin Skadi und so finden sich auch in der nordischen Mythologie und Folklore immer wieder Verweise auf Winter, Schnee und nicht zuletzt Ski. So ist Skadi die Göttin der Jagd, des Schnees, des Eises und eben auch des Skilaufs.[3]
Bevor die Holzscheite jedoch in den Bereich des Freizeitsportes gelangten, durchliefen sie ihre Zeit bei der Armee. Im Winter 1942 wurde der SS-Gebirgsdivision Nord das SS Ski Jäger Bataillon zugewiesen, das mehrheitlich aus Norwegern bestand und an der Karelischen Front in Finnland kämpfte. Daraufhin entstand 1943 die 1. Skijäger-Brigade, die 1944 zur 1. Skijäger-Division erweitert wurde.[4]

Mitglieder des Bataillon bei der Skiausbildung. © Lexikon der Wehrmacht

Boom ab dem späten 19. Jahrhundert

Die Grönland-Durchquerung des Polarforschers und Friedensnobelpreisträgers Fridtjof Nansen im Jahre 1888 führte zu einem regelrechten Ski-Boom. Die Expedition führte quer über das grönländische Eis und dauerte 49 Tage. Dabei wurde bewiesen, dass das Innere Grönlands tatsächlich komplett mit Eis bedeckt war.[5]
Über die Kriegs- und Forschungsverwendung fanden die Bretter schließlich ihren Weg von Skandinavien ins restliche Europa und etablierten sich als Freizeitbeschäftigung. Hier sahen sich Skifahrer*innen mit dem ersten Entwicklungsprozess konfrontiert: Die norwegische Landschaft Telemarken, die Namensgeber für den bekannten Telemark-Schwung ist, zeichnete sich durch flache, fast romantische Berghänge aus. Dieser Schwung eignete sich für die steilen Hänge der Alpen, die Technik veränderte sich in Richtung Stemmschwung; auch die Skier wurden angepasst und näherten sich optisch dem heute bekannten Alpinski.

Auf Skiern und Schneeschuhen wurde der Marsch über das Eis bestritten. © FRAM – The Polar Exploration Museum

Skifahren als Sportart

Um die Jahrhundertwende erlebte der Skisport einen derartigen Aufschwung, dass vielerorts mehrere Skivereine und erste Skischulen entstanden. Mit den Eröffnungen der ersten Skilifte z. B. in St. Anton, im Hochschwarzwald oder am Bödele in Vorarlberg zog es immer mehr Tourist*innen auf die Berge. Der Wunsch, Skirennen auszutragen, wurde immer stärker und so wurde 1924 in Charmonix im Rahmen der „internationalen Wintersportwoche“ die FIS, Fédération Internationale de Ski, gegründet[6]. Die 1933 in Innsbruck stattfindenden FIS-Weltkämpfe galten als 1. Weltmeisterschaft, seit 1936 gehört Ski Alpin zum Programm der Olympischen Winterspiele. Austragungsort der ersten olympischen Skirennen war Garmisch-Partenkirchen.
Seitdem stieg die Zahl der Skibegeisterten rasant an, wobei sich verschiedenste Stile und Arten entwickelten. So entstanden das Buckelpiste- und Tiefschnee-Fahren, Freestyle und Freeride wurde immer beliebter und fanden teilweise ihren Weg zu Olympia.

Erstes Slalom-Rennen bei den Olympischen Winterspielen in Garmisch-Partenkirchen 1936 © Blumenthal

Skifahren heute

Einst Mittel zum Zweck zählen die Bretter heute zu den beliebtesten Freizeitmöglichkeiten. Was damals die Jagd nach Nahrung unterstützte, entwickelte sich zu einer facettenreichen Sportart, die sich laufend weiterentwickelt. Ob auf einem (Snowboard) oder zwei Brettern schnell bergab, auf dünnen Langlaufskiern der Loipe entlang, auf beschichteten Skitouren-Ski den Berg hinauf, … die Möglichkeiten scheinen grenzenlos zu sein. Man ist heutzutage nicht einmal mehr an einen natürlichen Berg gebunden, betrachtet man die Skihallen in den Niederlanden und Dubai.
Die zwei Bretter sind an atemberaubende Ereignisse geknüpft. Dazu zählen die oben bereits erwähnten Ereignisse und weiters etwa die erste Skiabfahrt vom Mount Everest durch Hans Kammerlander 1996, Hermann Meiers Olympiasieg in Nagano 1998 oder die Bezwingung aller „Seven Summits“ durch Olof Sundström und Martin Letzter 2007.

Die Idee mit den zwei Brettern – ein Phänomen der Extraklasse.

Freeriden zählt heute zu den beliebtesten Extremsportarten. © Dominic Ebenbichler

[1] Zhaojian, Shan, and Ayiken Jiashan, eds. Altay, China, International Ancient Skiing Cultural Forum Report. N.p.
[2] vgl.Snowtrex: https://www.snowtrex.de/magazin/urlaub-wintersport/die-geschichte-des-skisports/ – 16.11.2020
[3] Karl Joseph Simrock. Die Edda: die ältere und jüngere nebst den mythischen Erzählungen der Skalda übersetzt und mit den Erläuterungen begleitet von Karl Simrock. OK Publishing. 2017: Oklahoma
[4] Georg Gunter. Die deutschen Skijäger bis 1945. Podzun-Pallas. 1993: Friedberg
[5] Vgl. FRAM Museum: https://frammuseum.no/polar-history/expeditions/polar-history-expeditions-across-the-greenland-ice-1888-1889/ – 16.11.2020
[6] Vgl. https://www.fis-ski.com/en/inside-fis/about-fis/general/facts-figures – 16.11.2020

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