Einmal Eiskönigin sein – Eisklettern in der Pitztaler Taschachschlucht

„Let it go“ … drei Wörter, die vielen, ob man will oder nicht, einen gut dreistündigen Ohrwurm verpassen. Beim Eisklettern darf man sich Königin Elsas Motto nur beim Abseilen zu Herzen nehmen. Ansonsten heißt es: Banane, Pickel, Po, Tritt & repeat. Klingt einfach. Schwer ist es tatsächlich nicht.

Eisklettern für Neulinge

Zugegeben, ein Neuling im Eisklettern bin ich nicht mehr. Zwei Eistage im vergangenen Winter darf ich schon zu meinen Eiskletter-Erfahrungen zählen und kann im Lebenslauf stolz „Gute Eiskletter-Kenntnisse“ schreiben. Unser Pickel- und Eismeister Alfi Dworak meint schelmisch grinsend, dass man nach einem intensiven Kletter-Wochenende durchaus schon auf das Muskelgedächtnis setzen kann. Wenn man bedenkt, dass man innerhalb von zwei Tagen bereits in einer circa 20 Meter hohen Eiswand hängen kann, ist das schon beachtlich.

Wir werden wohl sehen, wie es nach weiteren zwei Tagen in der Taschachschlucht ausschaut.

Um 9 Uhr heißt es Treffpunkt beim Parkplatz des Pitztaler Gletschers, direkt beim Eingang zur Schlucht. In der Gruppe Eiskletterneulinge ist von Kletterveteran bis Greenhorn ist alles dabei. Wir versammeln wir uns rund um Alfi und seinem Sohn Louis, der seine Trainingspause im österreichischen Nationalkader nützt, um seinem Paps bei den Eiskletterkursen zu unterstützen. Sobald die Gurte um die Hüften und die Steigeisen an den Schuhen geschlungen sind, startet unsere kleine Wanderung in die fabelhaft vereiste Welt der Taschachschlucht. Alle jeweils mit je einem Paar Eisgeräten in den Händen, Seil am Rücken und Helm am Kopf.

Die Eiswelt Taschachschlucht

Allein der Zustieg zur Eiswelt Taschachschlucht ist beeindruckend, was die vielen Winter- und Schneeschuhwanderer beweisen, die uns während unseres Eiskletter-Abenteuers immer wieder begegnen.

Die Taschachschlucht zählt zu den Herzensprojekten von Alfi Dworak. Unzählige Stunden verbringt er mit der Bewässerung und Vereisung der schroffen Wände, um für Profis und Anfänger perfekte Bedingungen zum Eisklettern zu schaffen. Im Prinzip ist die kleine Schlucht wie ein Kühlschrank, denn vom mächtigen Taschachferner strömt eiskalte Luft bergab und passiert dabei zwangsläufig auch die Taschachschlucht. Glitzerndes Weiß und kühles Blau begrüßt alle, die in den majestätischen Eispalast eintreten.

Wer hier eine Träne ob der bizarren Schönheit verdrückt – ich verstehe es.

Gleich darauf kann man sich ein Auflachen, mindestens ein Schmunzeln nicht verkneifen, wenn man die interessante Namensgebung der vielen Wasserfälle beobachtet. So gibt es hier das Dynamitwandl, den Eisgully und das Icegate.

Aber auch außerhalb der Taschachschlucht findet man so einige bizarre und klingende Namen. Da das Pitztal zu den wohl wasserreichsten Tälern gehört, sieht man taleinwärts links und rechts immer wieder majestätische Wasserfälle, die im Winter natürlich auch zum Eisklettern einladen. So haben wir in Stillebach neben dem Luibisbodenfall den Eisprinzen und die Rapunzel, die Monsterline in Weixmannstall oder das letzte Einhorn in Scheibrand. Zum Brauen hochziehen ist wohl der Kitzmöderfall.

Die richtige Vorbereitung und Technik

Alles steht und fällt – so wie in jeder Sportart – mit der richtigen Technik.

Bevor es aber überhaupt ins Eis geht, erzählt uns Alfi einiges über die Seiltechnik, das Standplatzmanagement und wie man lernt, das Eis einzuschätzen. Erst dann nimmt unser Eis-Guide das tatsächliche Werkzeug in die Hand und zeigt seiner Anfängergruppe, wie die Steigeisen ins Eis zu setzen sind und weist darauf hin, dass die Pickel auch nur mit wenigen Millimetern Eiskontakt das gesamte Gewicht halten können. Und dann geht es im Raupenstil hinauf: Pickel mit ausgestreckten Armen ins Eis schlagen, die passende Tritte für die Füße finden und hochziehen. Bevor die Pickel neu geschlagen werden die Bananenhaltung einnehmen – Unterkörper ans Eis lehnen, Oberkörper nach hinten und die Eisgeräte in die Löcher jagen. Ganz einfach schlängelt sich die Raupe nach oben … Schritt für Schritt, Schlag für Schlag. Bis man endlich oben ist und dem Sicherungs-Buddy laut „Zu“ ruft. Richtig ins Seil hängen, die Aussicht und das unendliche Strahlen im Gesicht genießen. Das Glücksgefühl, das Ziel erreicht zu haben, ist mit kaum einen anderen Feeling zu vergleichen.

Nach der Erklärung heißt es ab ins Eis. Zuerst wird ein Gefühl für die Steigeisen sowie das Vertrauen in sie gestärkt. © Björn Arndt

Da man nie alleine Klettern geht, wird auch das Thema Sichern gelehrt. Wie mache ich einen Achterknoten, wie fädel ich den Tube ein, was muss ich beim Partnercheck beachten. Auch auf die wichtige Funktion des sogenannten Smileys weist Alfi hin. „Gerade bei Anfängern ist der Smiley eine zusätzliche Sicherung.“ Der Smiley sichert zusätzlich, falls der Hauptsicherungspartner zum Beispiel wegen größerem Gewichtsunterschied Hilfe braucht, und übernimmt zudem auch den Motivationsrufe. „Der Smiley muss ordentlich smilen!“

Die Sicherer und ultimativen Smileys © Lucio Jünemann

Noch ein Tipp für den Boden: Breitbeiniges Gehen ist mit den Steigeisen angesagt, ansonsten habt ihr gleich ein Loch in der Hose. Lernt aus meinen Fehlern und fühlt euch wie ein Cowboy.

Wenn man dann alle Tipps befolgt, dem Material und vor allem sich selbst vertraut, steht dem Spaß am Eisklettern nichts mehr im Weg.

Wer es selbst versuch will, kann direkt über Alfi Dworak Eiskletter-Einsteigerkurse buchen. Das Angebot umfasst Trittschulung, Schlagtechnik, Knotenkunde, Seil- & Sicherungstechnik, Materialkunde, Klettertechnik erlernen sowie alpine Gefahren erkennen

Fazit

Gleich wie letztes Jahr: Eisklettern ist saugeil! Mach ich auf jeden Fall wieder und werde es allen empfehlen, die mir über den Weg laufen. Unbestrittener Eiskönig bleibt auf jeden Fall Alfi Dworak, aber für die paar Tage im Jahr, an denen ich die Taschachschlucht unsicher mache, darf ich mich gerne Eisprinzessin nennen.

Und zum Schluss noch einmal Eisprinzessin sein. © Sabrina Stiller

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